Achievement unlocked: Play like an idiot

Spätestens seit der Konsolengeneration PlayStation 3 und Xbox 360 haben sich Achievements und Trophies in Videospielen festgebissen. Ein Spiel ohne vergleichbares System findet man heute selbst auf dem PC selten und traut man sich als Developer gar gänzlich darauf zu verzichten, wird einem sofort fehlender Wiederspielwert vorgeworfen. Doch was machen diese Achievements und Trophäen eigentlich mit uns, den Spielern?

Sie beeinflussen uns, ob wir es zugeben wollen oder nicht. Ein kurzes Beispiel: Ich lege Assassin’s Creed 2 in meine PlayStation ein und schon nach wenigen Minuten ploppt die erste Benachrichtigung auf. Trophäe freigeschaltet: Geburt eines Assassin. Was habe ich gemacht um diese Auszeichnung zu erlangen? Das Intro angesehen. Was für eine Leistung. Wenige Minuten später besitze ich dann noch Medaillen für einen Sprung über 100 Meter, für das Bewerfen von Wachen mit Sand und für das Entdecken eines Assassinengrabs – Alles rudimentäre Spielfunktionen und Basisinhalte.

Worauf will ich hinaus? Dass ich es hasse, permanent wie ein zurückgebliebener Hund getätschelt zu werden während ich zocke!

Klasse, du hast es geschafft die Spiel-CD einzulegen
Wow, du hast auf Start gedrückt, toll hast du das gemacht
Du hast das Tutorial geschafft, ich bin stolz auf dich!
Oh, du hast den DLC gekauft, hier hast du eine bescheuerte, virtuelle Trophäe dafür!!

Denkt ihr eigentlich, dass ich komplett verblödet bin?? Im Real Life gratuliert mir doch auch niemand dafür, wenn ich morgens in den richtigen Bus einsteige und mir Mittags erfolgreich ’ne Pizza aufbacke. Seit wann wollen Spieler für jeden Mist einen dieser virtuellen Glückwünsche haben? Sind wir so verzweifelt auf der Suche nach Bestätigung?

Noch schlimmer als die Auszeichnung für’s erfolgreiche Schuhezubinden finde ich allerdings tatsächlich die Kategorie der Achievements, nach denen ich diesen Artikel benannt habe. Wenn Spielemachern nach den typischen 16 Achievements in Form von „Beende Kapitel 1“ bis „Beende Kapitel 16“ nichts mehr einfällt, sind sie nämlich gezwungen, kreative („kreative“) Achievements in ihren Games zu verstecken. Schwebe in Madness Returns sieben Minuten lang regungslos auf Dampf, reite bei Darksiders 100 Kilometer auf einem Pferd, töte dich in F.E.A.R. fünf mal selbst, beantworte bei Trivial Pursuit zehn aufeinanderfolgende Fragen falsch… Oder einfach ausgedrückt: Spiele wie ein Idiot. Als Dank gibt es dafür wundervolle kleine Trophäen und die Gewissheit, sich nicht nur die Immersion im Spiel komplett zerstört zu haben, sondern sich außerdem gerade vollkommen zum Deppen gemacht zu haben. Achievement unlocked.

Es mag ja tatsächlich Menschen geben, denen das Sammeln von beknackten Trophäen zum virtuellen Schwanzvergleich a.k.a. Gamerscore Spaß macht, für den Großteil der Spielerschaft denke ich aber mal behaupten zu können, dass sie in Command and Conquer 3 eher weniger gern 2046 mal den A-Knopf drücken wollen, nur um ein dämliches Achievement freizuschalten und damit dann angeben zu können.. Bei wem auch immer. Wenn schon Achievements, warum dann nicht einfach mal Mühe geben? Warum muss denn jedes Spiel die erwähnten selbstverständlichen Achievements haben, die sich sowieso freischalten, ganz egal wie man das Spiel spielt? Warum muss denn jedes Spiel solche Achievements haben, bei deren Erspielen wir uns unwohl fühlen?

Macht doch mal Achievements, die nicht nur im Spiel sind, weil ein Spiel nunmal heutzutage Achievements zu haben hat, sondern die dem Spieler nicht auf den Sack gehen! Als allererstes reduziere man dazu bitte die Anzahl der möglichen Achievements. Wer braucht denn 48 Achievements in einem Dead Space?? Reduziert das auf 15 interessante, fordernde und kreative Auszeichnungen und gut. Nicht nach jedem Chapter, sondern einmal am Ende des Spiels. Nicht für 200 abgetrennte Glieder, sondern für einen Bosskampf, in dem man keinen Schaden genommen hat. Und um Gottes Willen keine Multiplayer Achievements, mit denen ihr auf billigste Art und Weise den Online Mode eures verdammten Spiels popularisieren wollt!

Bis sich im Mainstream eine ähnliche Auffassung von Achievements durchsetzt, wird es aber wohl oder übel noch etwas dauern. Bei Steam kann man das Einblenden von Errungenschaften mittlerweile wenigstens gänzlich deaktivieren, ich denke auch bei Sony und Microsoft wird bald so eine Funktion folgen. Viele Indi Games halten sich außerdem schon daran, bei Trophies auf Qualität statt Quantität zu achten und den Spieler nicht mit „Wiederhole 100 mal den selben Mist“ zu plagen, aber auch hier ist noch Raum für Verbesserung. Klar gibt es die Leute, die ohne Achievements nach mehr Wiederspielwert schreien, aber stellt euch doch mal folgende Frage: Braucht ihr wirklich ein Achievement als Anreiz dafür, ein gutes Spiel zum zweiten Mal durchzuspielen und dabei neue Wege auszuprobieren? Seid doch mal wieder selbst kreativ beim Zocken und kombiniert zum Beispiel bei Bioshock die Effekte verschiedener Plasmids, ohne dass euch jemand vorgibt welche Kombinationen ihr für welches Achievement braucht. Wir Zocker sind doch keine Zombies geworden, oder?