„Please Insert Coin“

Downloadable Contents und ihre Auswirkungen auf den Videospielmarkt

Was mich in letzter Zeit immer öfter zur Weißglut bringt sind Downloadable Contents, die so genannten DLCs, die gerade die Hersteller von Konselenspielen in diesen Tagen immer öfter für sich entdecken. Und ich rede hier nicht von herunterladbaren Minispielen á la Playstation Minis oder Nintendo WiiWares, sondern von meist winzigen bis mikroskopischen Updates und Erweiterungen für bereits gekaufte Spiele, für die der Gamer zusätzlich zur Kasse gebeten wird.

Doch fangen wir am besten vorne an: Was ist denn nun eigentlich so ein „DLC“, ein Downloadable Content? Nun, generell handelt es sich dabei um zusätzlichen Inhalt, der ein erschienenes Kaufspiel nachträglich erweitert. So hat der Spieler stets das Gefühl, sein Originalspiel sei nicht komplett, solange nicht auch die zusätzlich angebotenen Inhalte heruntergeladen sind – Und an diesem Punkt macht es die NextGen Konsole wie die alten Arcade Maschinen vor 40 Jahren und sagt freundlich „Please Insert Coin“. Der Grad der Erweiterung ist dabei von Spiel zu Spiel verschieden. Ich persönlich unterteile die DLCs daher gerne in drei große Themenbereiche: Expansions, Add-Ons und NiceToHaves.

Als Expansions verstehe ich zum Beispiel komplett neue Storyabschnitte, die einem Spiel hinzugefügt werden. Beispielsweise gibt es für das PS3 Spiel „Heavy Rain“ eine neue Episode, in der es einer der Hauptcharaktere mit „Dem Tierpräparator“ zu tun bekommt. Doch blicken wir erst einmal kurz zurück: Früher waren Expansions meist in etwa so umfangreich, wie das eigentliche Spiel, oder zumindest nah dran. Nehmen wir als Beispiel nur einmal die Warcraft 3 Expansion „The Frozen Throne“, die nicht nur die Story immens erweiterte, sondern auch das Gameplay grundlegend verbesserte und neue Einheiten hinzufügte. Ein anderes Beispiel wäre „Gothik 2: Die Nacht des Raben“, das die Storyline ebenfalls erweiterte, neue NPCs hinzufügte und jede Menge neuer Gegenstände einführte. De Facto hat der Gamer früher also mit einer solchen Expansion fast ein „neues Spiel im alten Stil“ erhalten – und wehe es war nicht so! „Half Life: Blue Shift“ bot nur knapp drei Stunden Spielzeit und wurde von Fans des Originals trotz seines geringen Kaufpreises oft als „Blue Shit“ betitelt, Hauptkritikpunkt: „Zu wenig Expansion für zu viel Geld“. Selbst verglichen mit den heutigen Giganten unter den DLCs bot Blue Shift aber eigentlich schon recht viel, wobei preislich gar kein so riesiger Unterschied zu den DLCs besteht. Die „großen“ DLCs schlagen mit ca. acht bis maximal zwölf Euro zu Buche (purer Download, kein original Medium) und leisten leider oft wenig. Die bereits oben genannte Episode für Heavy Rain ist da noch eine löbliche Ausnahme. Auch „Bioshock 2“ hat mit „Minerva’s Den“ ein knapp zehn Euro teures, dreistündiges Abenteuer zum Download im Angebot, allerdings ohne storyrelevante Bezüge zum Hauptspiel. So bleibt es dem Fan der Serie selbst überlassen, ob er den SpinOff spielen will oder die zehn Euro lieber spart. Ein krasses Beispiel, wie DLC-Expansions als pure Geldmaschine ausgenutzt werden und Spieler über den Tisch gezogen werden sind hingegen die zahlreichen DLCs zu „Mass Effect 2“, in denen storyrelevanter Inhalt vermittelt wird (der Fan der Serie ist also fast gezwungen zum Kauf, wenn er im dritten Teil noch durchblicken will), das Preis-Leistungs-Verhältnis aber mal wieder überhaupt nicht zusammenpasst – und diese Kritik wird bei sehr vielen DLC Expansions laut. Was zeigt uns das ganze also? Der Spieler darf heute eben nicht mit der Erwartung an einen DLC gehen, die er früher an ein Expansion Pack stellen durfte – So viel sei mit diesem Abschnitt klar gestellt. Wer sich gern noch ein paar (meist eher wenige) Stunden in einen neuen Abschnitt seines Lieblingsspiels begeben will, der muss eben selbst wissen, ob er die acht bis zwölf Euro für einen reinen Download ausgeben will oder mit der Gewissheit lebt, ein „unvollständiges“ Spiel zu besitzen.

Eine weitere Kategorie der DLCs sind die Add-Ons. Als solche bezeichne ich zum Beispiel die für fast alle Ego-Shooter angebotenen Map Packs, die das vorhandene Spiel lediglich um neue Multiplayer Maps (zum Teil sogar um neue Spielmodi und Waffen) erweitern. Diese meist recht kostengünstigen Spielerweiterungen sollen auf der Konsole den frischen Wind in ausgelutschte Spiele bringen, den auf dem Computer Mods und Gratismaps liefern. Da für die Konsolenshooter eben keine kostenlosen Erweiterungen angeboten werden, kann sich der Spieler selbst aussuchen, ob er zum Beispiel für circa vier Euro mit einem Map Pack neues Leben in „F.E.A.R. 2“ hauchen möchte. Sicherlich ist es nicht so viel Geld, das investiert werden muss, wie bei den oben beschriebenen Expansions, aber man sollte sich dennoch den Fakt vor Augen führen, dass solche Erweiterungen früher meist gratis in ein Spiel gepatcht oder gratis zum Download angeboten wurden. Ich glaube nicht, dass Blizzard auf viel Begeisterung gestoßen wäre, wenn bei jeder neuen BattleNet Season die Warcraft 3 Maps einzeln hätten bezahlt werden müssen – wahrscheinlich in etwa so viel wie Star Bucks, wenn sie den Zucker zum Kaffee in Zukunft extra zum Kauf anbieten würden. Im Grunde ist aber genau das mit den Konsolen Add-Ons im DLC Format der Fall. Hier sollte man sich also immer fragen: „Ist es mir die vier Euro wirklich Wert, oder Spiele ich lieber noch ein paar Runden auf den alten Maps?“. Vielleicht ist es sogar sinnvoll, diese Art der DLCs komplett zu boykottieren, damit Spielemacher in Zukunft einsehen, dass man solche Inhalte auch gut in Form eines Patches gratis anbieten kann – auch auf der aktuellen Konsolengeneration.

Kommen wir nun also zur dritten Kategorie der Downloadable Contents, die mich regelmäßig diabolische Fluchverkettungen auf die Spielehersteller hochwürgen lässt: NiceToHaves. Unter diese Kategorie fallen all die kleinen bis winzigen Spielerweiterungen, die eigentlich überhaupt niemand kaufen würde, wäre da nicht das kleine Männchen im Gamerkopf, das an den Nervensträngen sägt und dabei unaufhörlich „Dein Spiel ist nicht komplett! Dir fehlt da noch was!“ brüllt. Ein Beispiel: „Street Fighter 4“ ist ein gelungener Nachfolger der Serie, der sich auf den Next Gen Konsolen und dem PC spielen lässt. Als Bonus Content werden nun für vier Euro einige wenige zusätzliche Kostüme angeboten, die ein paar Spielcharaktere rein optisch verändern und rein gar nichts am Gameplay ändern, geschweige denn an der Story. Insgesamt gibt es vier dieser DLCs, die je eine Handvoll Charaktere mit einem neuen Kostüm beglücken. Es ist also völlig irrelevant, diese zu besitzen – und doch juckt es in den Fingern dem Hersteller das Geld für ein paar billige neue Alternativkostüme, die bei der Genrekonkurrenz von Anfang an freigeschaltet sind, in den Rachen zu schmeißen. Ähnlich auch bei neuen Sack Boys für „Little Big Planet“, für die der Spieler pro Stück zwei Euro zahlen darf oder auch die veränderten Outfits für „Dante’s Inferno“ – ebenfalls für zwei Euro. So etwas ist schlicht Abzocke. Das SF4 DLC Paket beispielsweise ist nicht einmal zwei Megabyte groß und somit unglaublich rentabel für die Entwickler, doch wo führt das hin? Werde ich in Zukunft jede kleine Veränderung am Spiel bezahlen müssen? Zum Glück machen die Genrekonkurrenten Tekken und Soul Calibour noch alles richtig und bieten von vorne herein mehr als ein Kostüm für jeden Charakter, plus schier unendliche Möglichkeiten zur Charakterpersonalisierung. Soul Calibour bietet stattdessen nachträglich den sonst PlayStation-exklusiven Charakter Darth Vader auf der Xbox an – ein DLC, der tatsächlich Sinn ergibt. SC hatte stets Konsolenexklusive Charaktere und da halte ich es für fair, diese nun nachträglich dazukaufen zu können, ohne ein zweites Mal für das gleiche Spiel Geld ausgeben zu müssen, wenn man als Hardcorefan jeden Kämpfer mal gespielt haben will oder sich einfach nicht entscheiden kann, auf welcher Hardware es den coolsten Spezialcharakter gibt. Aber nur um meinen Lieblingscharakter in neuen Klamotten zu sehen vier Euro ausgeben? Da sollte man sich als Spieler ernsthaft fragen, ob es das wirklich Wert ist. Ich hoffe zwar nicht, dass in Zukunft für jeden kleinen Mod am Spiel extra Geld nachgeworfen werden muss, aber momentan geht der Trend leider stark in diese Richtung…

Fassen wir das Ganze nun noch einmal zusammen, so bietet sich ein erschreckender Ausblick auf die Entwicklung der Spielebranche im Konsolenbereich. Geringe Miniinhalte oder Erweiterungen, die früher Gratis mit einem Patch zugefügt wurden, darf der Zocker heute teuer bezahlen. Geschenkt wird einem wohl auch im Spielalltag nichts mehr, und so muss man stets mit der Gewissheit leben, ein unfertiges Spiel gekauft zu haben. Will man das Game wirklich komplettieren, so ist man gezwungen nachträglich die DLC-Abzocke einzugehen. Und dabei ist noch nicht einmal gesagt, wie lange ein solcher DLC von den Herstelllern angeboten sein wird. Wenn ich mich in fünf oder zehn Jahren entschließe, mir ein altes PS3 Game gebraucht zu kaufen, wird der DLC überhaupt noch angeboten sein oder werde ich nie das „gesamte“ Spiel erleben können? Und das führt mich zum nächsten wichtigen Punkt: Dem Handel mit gebrauchten Spielen. Wenn ich ein Game verkaufe, für das ich zuvor sämtliche DLCs für, sagen wir, zwanzig Euro nachgekauft habe, so sitze ich noch immer auf dem nun nutzlosen DLC herum – der Käufer hingegen darf den gesamten Mist noch einmal erwerben („Ich verkaufe mein Auto, aber hey, die Fahrertür behalte ich mal lieber, die kannst du dir ja wo anders dann als Bonus kaufen!“). Doch werden die Games dadurch initial günstiger? Keineswegs! Die gearschten sind also unter dem Strich wieder einmal die Originalkäufer. Als Raubkopierer hat man sich mit lästigen DLCs nicht herumzuschlagen, meist sind diese auf den gängigen Tauschbörsen zu finden oder direkt bei der illegalen Download-Version des Games inbegriffen. Für die Originalkäufer heißt es also im Klartext 60 Euro für das Spiel ausgeben, plus ca. zehn bis zwanzig Euro für DLCs nachlegen, wenn man das gesamte Game erleben möchte. Der Kauf von Originaltiteln wird also für Gamer durch kostenpflichtige DLCs immer unattraktiver. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das der Spieleindustrie gefällt, aber genau das ist leider im Endeffekt das Resultat der ganzen kostenpflichtigen Bonuscontents.

Ich persönlich würde mir als Spieler wieder komplette, abgeschlossene Spiele ohne nachträgliche DLCs wünschen, die nach dem Kauf nicht mehr erweitert werden müssen oder kostenlos durch Patches verbessert werden. Ich mag einfach das Gefühl nicht, mit einem frisch gekauften Spiel nicht 100% seines Inhalts erleben zu können. Noch dazu finde ich es unverschämt, wie viel Geld für Teils mikroskopische Erweiterungen verlangt wird. Doch so wie es aussieht wird uns das Thema DLC in Zukunft eher mehr als weniger belästigen, da es für die Gameentwickler eine reine Goldgrube ist. Ich hoffe nur es geht nicht so weit wie bei einigen Computerspielen, die unfertig verkauft werden um ein Zeitlimit einzuhalten und dann nachträglich „fertiggepatcht“ werden. So wie es im Moment aussieht würden sich die Konsolenspiele ja sogar das bezahlen lassen…