The Stealing Within

The Evil Within hat mich so dermaßen aufgeregt, dass ich extra für dieses Spiel einen Hybriden aus Review und /enrage-Artikel geschaffen habe, um diesem Flickwerkzombie aus Einzelteilen des gesamten Horror-Genres irgendwie gerecht zu werden. Hier also mein erstes und wahrscheinlich letztes /enReview.

Ach ja, Spoilerwarnung: Ich nehme das gesamte Spiel auseinander.

evilwithinfrontTitel: The Evil Within
System: PC
Genre: Survival Horror / Action
Erscheinungsjahr: 2014
Entwickler: Tango Gameworks
Durchgespielt in 16 Stunden Spielzeit

Folgende Wette: Nennt mir einen Aspekt dieses Grützspiels, der nicht von irgendwoher geklaut ist. Einen einzigen. Solange ihr nachdenkt gebe ich euch schonmal einen Tipp: Es gibt keinen.

Kapitel 1
The Evil Within startet mit einer Autofahrt, die unweigerlich direkt an Deadly Premonition erinnert: Der abgehalfterte Cop, der ultra-kawai-japano Buddy-Kollege und die Quotenfrau, die sich natürlich prompt als Neuling im bisherigen Bromance Gespann entpuppt. Einige pseudocoole Gesprächszeilen weiter finden wir uns auch schon in einem Krankenhaus wieder, wo wir ganz in F.E.A.R.-Manier auf unseren Kontrahenten treffen: Einen abgedrehten Psychotrickser à la Paxton Fettel, der den Hauptcharakter schnurstracks in die eigene Alptraumwelt katapultiert. Dort gibt’s dann einen Abklatsch des Hauptcharakters aus Splatterhouse zu sehen, an dem wir uns wie Agent York aus abermals Deadly Premonition vorbeischleichen um einen Schlüssel zu ergattern. Quick-Time-Events? Ja bitte! Macht Telltale ja auch, verkauft sich gut hab‘ ich gehört. Nachdem der abgebrühte Special Agent dann durch die Kanalisation wieder an die Oberfläche geflüchtet ist, erwartet uns noch eine wunderschöne Roland-Emmerich-Szene, in der die Stadt grundlos in sich zusammenfällt.

Kapitel 2, 3 und 4
In einer Mischung aus Alan Wake und Resident Evil 4 schleichen wir uns durch ein Zombie-Dorf, nur um kurze Zeit später in einen unumgänglichen Kampf verwickelt zu werden. Dieser herrlich exemplarische Game Design Fauxpas wird später noch öfter eine Rolle spielen. Speziell nach diesem „Bosskampf“ ist aber noch zu erwähnen, wie viel Wut ich im Bauch hatte, als ich zum einzigen Mal im gesamten Spiel die Waffe eines besiegten Gegners aufnehmen konnte (hier eine Kettensäge) und damit dann natürlich nicht kämpfen durfte. Die Säge wird nämlich ausschließlich verwendet, um eine Kette an einem Tor zu durchtrennen und nicht etwa Feinde. Danach verschwindet sie aus dem Inventar. Das hat mich zugegeben schon leicht zur Weißglut gebracht, aber machen wir weiter: Vor uns steht Leslie, ein zurückgebliebener Patient aus der städtischen Irrenanstalt, der wirres Zeug redet. Hat mal jemand The Cube gesehen? Der Typ, nur ohne den „Nicht-die-roten“-Twist am Ende. Der goldene Reiter entscheidet sich spontan wegzulaufen, sein Doktor – gespielt von Anthony Hopkins – taucht auf und bittet uns, ihm zu folgen. Wir folgen. Als wir Leslie wiederfinden erwartet uns ein unsichtbarer Gegner wie aus Metal Gear Solid, Doom oder 100 anderen Spielen. Ist diese Nervensäge endlich besiegt, finden wir uns plötzlich erneut im Krankenhaus wieder – nur das jetzt alles etwas ekeliger aussieht als vorher: Stichwort Silent Hill. Dort erwartet uns der nächste Bosskampf: Eine Variation von Alma aus F.E.A.R., die wie das Pokémon Machomei oder die Outworld-Rasse aus Mortal Kombat vier Arme hat. Erinnert ihr euch an den Gameplay-Fuckup von oben? Nun verlangt das Spiel – nachdem wir die letzte halbe Stunde mit Gegnerkloppen verbracht haben – plötzlich von uns, diesen Boss nicht zu besiegen, sondern wegzurennen. Besonders klar ist das daran abzulesen, dass im gesamten Raum Munition verteilt liegt. Naja. Ist die Flucht gelungen, so wechselt abermals die Szenerie und wir finden uns im nächsten Kapitel wieder.

Kapitel 5
Neues Setting: Heruntergekommene Fabrik. Für ein kurzes Kapitel werden wir uns nur wenig an anderen Videospielen bedienen, dafür aber beim Medium Film doppelt die Taschen voll machen. Als erstes finden wir unseren geliebten Partner Broseph in einer eisigen Badewanne liegend wieder – so wie im Film Düstere Legenden 2 zum Beispiel. Auch unser Küken Kidman hat es in eine ähnliche Horrorfilm-Lage verschlagen: Sie ist wie in J-Lo’s Streifen The Cell in einem wasserdichten Glaskasten gefangen und soll mit einströmendem Wasser ertränkt werden. Nachdem wir unsere Crew gerettet haben wird keine Sekunde damit verschenkt etwa wie echte menschliche Wesen erst einmal die Situation zu besprechen, in der man sich gemeinsam befindet. Nein, anstelle sich mit solchem Quatsch aufzuhalten rast der Spieler schön zum nächsten Bosskampf. Ich weise nochmal auf das brilliante Game Design hin, denn nun ist es offenbar an der Zeit, die vierarmige Alma aus dem vorherigen Kapitel zu besiegen, die kopfüber herumrennt um kurz nochmal an den Exorzisten zu erinnern. Weglaufen steht nun im Gegensatz zur letzten Begegnung nicht mehr auf dem Plan. Hätte man sich ja denken können, oder? Da das dann offenbar noch immer nicht genug Bosse in kürzester Zeit waren, folgt nochmal kurz eine Szene, in der man drei verkabelte Gegner töten muss, die wie Bane aus Batman nur dann besiegt werden können, wenn man ihnen den Schlauch aus dem Hinterkopf reißt um sie aus der Matrix zu schmeißen oder wasweißich. Danach wird unser Charakter dann wiedermal durch die Gegend teleportiert, um an einem neuen Setting aufzuwachen. Warum auch Zusammenhänge schaffen…

Kapitel 6
In einer alten Burgruine wartet schon das nächste Gemetzel auf uns. Zahlreiche Gegner wollen umgelatzt werden, bevor ein Event triggert, nachdem plötzlich aus dem weit entfernten Burgturm Pfeile auf uns geschossen werden. Gut, dass die netten Gamedesigner extra für diesen Part des Spiels ein Sniper Rifle unumgänglich vor unserer Nase platziert haben. So macht neue Waffen kennenlernen richtig Spaß: Gezwungen werden, sie einzusetzen. Hat man sich dann in diesem nervigen Abschnitt, der in etwa so viel Spaß macht wie Chemie-Hausaufgaben um 2 Uhr Nachts, mit der Steuerung des Scharfschützengewehrs vertraut gemacht, kann man es erstmal direkt wieder einpacken, denn der nächste Kampf recyclet unseren alten Kameraden aus Splatterhouse noch einmal als Boss – Diesmal passenderweise auf etwa zwei Quadratmetern Platz, damit man ja keinen Spaß an seiner neu erlangten Waffe entwickelt. Genug Bosse? Nee, keine fünf Minuten nach diesem äußerst mühseligen und schlecht gestalteten Kampf treffen wir auf zwei Höhlentrolle aus Herr der Ringe, die natürlich auch auf engstem Raum niedergeballert werden wollen. Gut jetzt? Nope, ein Monster-Köter-Mischling aus Resident Evil und The Thing will als Dritter im Bunde auch noch einmal wissen, wo der Hammer hängt. Nach einer furchtbar peinlichen Cutscene, in der wir tatsächlich unser Leben riskieren um klein Brosephs Brille zu retten (kein Witz) ist auch dieser Abschnitt endlich geschafft und endet mit dem Eintritt in eine Kirche. Kirchen sind ja immer gut für Horror. Warum also nicht?

Kapitel 7
Die Kirche.. ein weiteres ausgelutschtes Setting, bekannt aus 1000 Vorgängern. Große Überraschung, unterhalb des ersten Stocks findet sich eine Krypta mit seltsamen, heidnischen Steintafeln. Fehlt eigentlich nurnoch das Skelett von Sir Daniel Fortesque. Da den Gamedesignern mal wieder nichts besseres eingefallen ist, gilt es diese Tafeln nun ganz klassisch mit den passenden Schlüsselobjekten zu vervollständigen. Je weiter wir in diesem drögen Puzzleabschnitt voranschreiten, desto mehr verändert sich das Setting zurück auf „altes Krankenhaus“. Fliesen an den Wänden, alte Rohre, Tanks… So dürfte es keinen wundern, dass in einem dieser Räume plötzlich Giftgas ausströmt und Sebastian die Ventile schließen muss, um nicht zu ersticken. Gut, dass wir diese schwere Mechanik in einer netten Umgebung erlernen durften, denn sie wird uns ungefähr zehn Minuten später im nächsten scripted event von Nutzen sein! Des Pyramid Heads uncooler Bruder – ein Typ mit einem Tresor als Kopf – will uns nun nämlich an’s Leder, ist aber seinerseits selbstverständlich mal wieder unbesiegbar. Habe ich dann auch gemerkt, als ich ungefähr die Hälfte meiner Munitionsreserven verschossen habe. Was muss der Spieler machen, um weiter zu kommen? Richtig, Ventile schließen. Haben wir ja eben gelernt. Nachdem wir also das Giftgas deaktivieren und dabei stets auf der Hut vorm Kastenkopp sind, locken wir diesen letzten Endes in eine Falle und zerquetschen seinen Tresorkopf unter herabfallenden Metallstacheln als wären wir im ersten Castlevania. Sieht tot aus. Und der Abschnitt? Sieht beendet aus.

Kapitel 8
Anders als The Evil Within fasse ich mich hier mal kurz: Der Spieler wird durch eine elendig lange und unnötige Höhle geschickt, in der die zweiköpfigen Zombies aus Ninja Gaiden Z auf uns lauern. Zwei Gehirne machen die Zombies, beziehungsweise deren KI dabei aber auch nicht schlauer, sondern lassen sie lediglich ein paar Schüsse mehr einstecken. Logisch. Am Ende der Höhle wechseln wir abermals in’s altbekannte Krankenhaus-Setting und schleichen uns in den aus Kapitel 5 bekannten Badewannen-Raum, wo der gute alte Doktor Anthony Hopkins schon auf uns wartet, um uns endlich mal ein wenig Story zu präsentieren. Stichwort Hivemind: Der Doc und unser Gegenspieler Ruvik arbeiten an einem Weg, mehrere Gehirne zusammenzuschalten. Hätte man angesichts der Badewannen voller Versuchskaninchen mit Matrix-Steckern im Kopf vielleicht drauf kommen können, aber Agent Sepp the Depp ist halt nicht die hellste Kerze am Christbaum. Muss man als Chefermittler ja auch nicht sein. Whatever. Kurzer Blackout, aufwachen, Raum leer, Doktor weg, irgend ein Flickwerk-Fleischklops, der uns humpelnd durch den nächsten Gang jagt, wo Paxten.. ich meine natürlich Ruvik auf uns wartet, uns kurz berührt und alles wird mal wieder schwarz. Level vorbei.

Kapitel 9
Oh, eine neue Umgebung! Ein hübsches Kornfeld mit mittelalterlichen Bauern um uns herum, die uns verbrennen wollen. Ach halt, doch nicht, war nur ein fünfsekündiger Flashback. Wir erwachen im altbekannten „Safe Haven“, der Krankenhaus-Rezeption. Eigentlich sieht alles ganz nett aus. Zeit also, dass Ruvik mal wieder aus dem Nichts auftaucht und die Szenerie ganz wie in Silent Hill in eine Alptraum-Version ihrer selbst verwandelt. Zeit, sich dem zu widmen, von dem man denken sollte, dass der Erfinder von Resident Evil es richtig gut gestalten wird: Das Mansion-Level! Hier rennen wir mal wieder vor Ruvik weg, erschießen Zombies, freuen uns über eine Schreibmaschine, die als offensichtliche Anspielung an RE platziert wurde und versuchen via Flashbacks mehr über Ruviks Vergangenheit herauszufinden. Offenbar kennt der kleine Psycho unseren Kumpel Dr. Hopkins nämlich schon, seit er ungefähr 14 war und steckt mit dem Genie unter einer Decke. So so. Nach einigen Minispielen, in denen wir fröhlich Nägel in Gehirne bohren (Lobotomie ist ja immer ein gutes Thema, hat ja bei Shutter Island und American Horror Story auch super funktioniert) erfahren wir von little Ruviks privatem Folterkeller und seiner Abneigung gegenüber den eigenen Eltern, die er wohl wenig später dann auch beseitigt hat. Auf also in den Keller! Hier finden wir einen Haufen alter Schaufensterpuppen und erinnern uns daran, wie gut Silent Hill 3 und Homecoming mit dieser Thematik gespielt haben und schwelgen in Einnerungen an Anna’s perfekte Horror-Inszenierung lebloser Mannequins. Danach erwartet uns mal wieder ein White Light Moment, um den Wechsel der Szenerie einzuleiten: Endlich wieder bei Film-Referenzen bedienen. In einer Szene wie aus Kinder des Zorns finden wir uns im weiten Kornfeld der ersten Sekunden dieses Kapitels wieder, in dessen Mitte eine schöne alte Scheune steht. Ein wütender Mob will diese allerdings abbrennen. Ein wenig wie in der Verfilmung von Frankenstein damals, nur eben nicht als Windmühle. Doof nur, dass drinnen gerade Ruvik und seine Freundin spielen. Äußerst ärgerlich. Wir laufen also rein, bekämpfen kurz den Black Smoke aus LOST, der immer mal wieder Gegner auf uns spuckt und beenden dann endlich das neunte Kapitel, indem wir mal wieder irgendwo anders aufwachen.

Kapitel 10
Von Ruviks privatem Folterkeller haben wir ja eben in den Flashbacks erfahren. Höchste Eisenbahn also, sich dort mal genauer umzusehen. Wie zu erwarten war entpuppt sich das Szenario schnell als eine Mischung verschiedener Saw-Ideen („Ich will ein Spiel mit dir spielen“), durch die der Irre seine Opfer gejagt hat. Am Ende wird Alma noch eine Runde recyclet und muss wiedermal verbrannt werden, da Kugeln abermals nichts nützen. Ist das erledigt, finden wir uns in der Mansion wieder, wo uns der Doc und Leslie begegnen. Kurzer Storybrocken: Leslie (der Typ aus The Cube) kann wohl irgendwie das Hive-Mind-Gedingse zerstören. Na dann leg los, Neo. Bevor wir aber mehr erfahren können, wird Doktor Hopkins von unserem alten bekannten, dem Fleisch-Flickwerk aus dem vorletzten Kapitel zerquetscht. Wir wachen in einem Parkhaus auf, das angenehmerweise groß genug ist, um Schauplatz eines weiteren Bossfights zu sein. Jetzt ist es nämlich offenbar an der Zeit, das Monster, vor dem wir zuvor noch wegrennen mussten, zu töten. Mit normalen Waffen. Eindeutig, oder?

Kapitel 11
Wir nehmen den Fahrstuhl und befinden uns endlich in der zerstörten Stadt-Umgebung aus dem „Intro“. Wie in F.E.A.R. 2 suchen wir uns einen Weg durch die Trümmer. Die gesamte Passage spielt sich exakt wie I Am Alive. Zwischendurch sehen wir das Karussell aus dem ersten Silent Hill, müssen aber erstaunlicherweise nicht gegen eine Polizistin kämpfen. Außerdem treffen wir während unserer Reise auf weiterentwickelte Gegner: Zombies mit Waffen. Das lädt natürlich aus Gamedesign-Sicht zu ätzenden Durchhalte-Passagen ein, die man nicht umgehen kann. Was darf hier nicht fehlen? Richtig, die Seilbahn, auf der der Spieler den Monstern hilflos ausgeliefert ist, während er zur anderen Seite eiert. Dead Space, die 007 Games.. Jeder Shooter der 90er hatte glaube ich eine solche Passage. Auch die explodierenden Fässer dieser Zeit wurden in diesem Kapitel wieder zum Leben erweckt, sodass der Anschein ein fünfzehn Jahre altes Spiel zu spielen perfekt eingefangen wurde. Außerdem zwischen den Häuserkluften mit dabei: Eine „Der-Boden-ist-Lava“ Sequenz, in der man möglichst schnell durch ein Gewässer schwimmen muss, in dem das unbesiegbare Wassermonster aus Amnesia wohnt. Zwischendurch gibt’s nen Raum mit mehr Puppen, eine Passage, in der man nicht schießen darf (Metal Gear Solid orientiert) und ein Wiedersehen mit Kidman, das wie zu erwarten war storylos im Sande verläuft.

Kapitel 12
The gang’s all here! Broseph hat einen Schulbus gefunden! Hammer! Damit düsen wir am besten erstmal wie in einem 90er Jahre Actionfilm durch die zerbombte Stadt, während wir von der Riesenspinne aus Arach Attack verfolgt werden. Deren größter Erfolg bleibt es allerdings, unseren Bus in ein Cabrio zu verwandeln. Zwischendurch wird Joseph angeschossen und wir müssen natürlich unbedingt anhalten, um ein Medi Kit aus einer Horde Zombies zu schlachten, obwohl wir 25 Stück im Inventar haben. Kidman übernimmt das Steuer und fährt uns in eine weitere langatmige Survival Szene, in der Gegner am Fließband weggeballert werden. Als wir endlich wieder auf der Straße sind, erscheint Ruvik, um die Party zu beenden und uns abermals irgendwo anders aufwachen zu lassen. Lahm.

Kapitel 13
Wir wachen auf und stellen fest, dass Ruvik uns wohl dieses Mal mitsamt dem coolen Schulbus teleportiert hat, denn dieser steckt vor uns in einer Häuserwand fest. Sobald wir uns bewegen rutscht er ab und stürzt mehrere Stockwerke in die Tiefe. Auf dem Weg hinunter müssen wir uns an Yugi-Oh’s Säurefallen-Trapcards vorbeibewegen, uns wieder einmal von Ruvik nach Silent Hill bringen lassen, an Pyram… Pardon, Safeheads vorbeischleichen und wie in Silent Hill 2 zwischen Schweinehälften einen Boss besiegen. Rocky Balboa wäre sicher traurig über all die zerlegten Trainingsmöglichkeiten. Immerhin ist der Abschnitt danach recht schnell beendet: Alle noch lebenden Charaktere treffen sich zu einem kleinen Shootout auf dem Kinderspielplatz, Broseph muss seiner Klischee-Rolle als sympathischster Buddy-Charakter nachgehen und endlich ins Gras beißen, Leslie macht einen auf Charmed und hält die Zeit an, danach verschwimmt mal wieder alles und wir finden uns im nächsten Abschnitt wieder.

Kapitel 14
Nach einem kurzen Ausflug durch alte U-Bahn-Wracks (F.E.A.R. 2 again) schlagen wir uns durch Katakomben voran, die vom Zerg-Creep befallen wurden. Hier gilt es ein Sicherungskasten-Rätsel zu lösen, das 1 zu 1 aus LOST: Via Dormus geklaut wurde. Je tiefer wir uns dabei in den tumor-artigen Creepspread vorkämpfen, desto mehr erwarten wir natürlich auch den Besitzer dieses wunderschönen Habitats ausfindig machen zu können. Und siehe da, nach kurzer Suche stehen wir dem nächsten Boss gegenüber: Dem unehelichen Sohn von Thaddäus Tentakel und Gigers Alien. Schnell noch stumpf niederballern, mit dem Fahrstuhl wieder in den U-Bahn-Abschnitt vom Anfang, durch den letzten Zug bis in den Keller des Asylums rennen und dann endlich ein Stück Story erfahren! Überraschung: Ruvik wollte sich gar nicht freiwillig in das Hivemind einhängen, sondern wurde gezwungen. Armer kleiner Psycho. Was auch immer das Spiel hier versucht zu vermitteln, es geht mal wieder in die Hose.

Kapitel 15
Story?? So langsam würde es mal Zeit, immerhin sind wir ja endlich im letzten Abschnitt. Über einige Flure, die uns bestens aus unserem Safe Haven Speicherpunkt-Paradies bekannt sind, schleichen wir uns ENDLICH in die wichtigen Parts des Asylums voran. Kapitel 1 reloaded: Die Splatterhouse-Szene spielen wir einfach kurzerhand nochmal, um zu realisieren, dass der Folterkeller von Anfang an ein Teil des Asylums war. Verrückt, eine Irrenanstalt mit düsterem Geheimnis. Hatte ich schon Shutter Island und American Horror Story erwähnt? Falls ja: Session 9, House on Haunted Hill… Es gibt ja genug in der Richtung. Jedenfalls nähern wir uns endlich dem Ende und so muss TEW wie jedes mittelklassige Spiel noch einmal die Spielzeit mit einem unnötigen Survival-Arena-Abschnitt aufpumpen, wie wir ihn aus Ratchet and Clank, God of War, Wet und vielen anderen kennen. Die Umgebung sieht dabei übrigens so aus, wie man sich das Zuhause von William Birkin aus Resident Evil 2 vorstellen würde. Eine völlig deplatziert wirkende, anspruchslose Schleichszene trennt uns nun noch vom großen Showdown im original Badewannen-Matrix-Einlogg-Raum, in der wir schließlich Kidman konfrontieren. Diese will Ruvik (den „nicht-die-roten“ Basketcase) umbringen, da sie denkt, dem Horrorszenario so entkommen zu können. Sebastian ist aber natürlich einer von den Guten und lässt das nicht zu. Tja, dumme Entscheidung: Paxton taucht auf, verwandelt den Knaben in Wasser und stürzt das gesamte Asylum einmal mehr in’s Chaos. In einer Hellraiser Blutdimension ist unser nächster Bossgegner das hässliche Kind von Anima aus FFX und dem Motherbrain aus Super Metroid. Gut, dass in der Schwerelosigkeit ein Militärjeep umherschwebt, den wir uns kurzerhand unter den Nagel reißen und mit dem MG munter drauf los holzen. Wie in Halo, nur ohne Spaß zu machen. Nach einigen Treffern beginnt Phase zwei, in der wir nun selbst zum Nemesis werden, uns einen Raketenwerfer schultern und noch ein paar saftige Schüsse verteilen. Mit unendlich Munition, die wir uns aus dem Hut zaubern. Ist der Spuk dann endlich beendet, verpassen wir Ruvik, der im „Cockpit“ des Monsters hängt als wäre es Metal Gear Rex, endlich den Gnadenstoß. Feierabend, Zeit für die längst überfällige Auflösung! Natürlich hingen alle Beteiligten – Trommelwirbel – die ganze Zeit schon im bescheuerten Hive Mind Computer fest und können jetzt sofern sie den Spaß überlebt haben wieder aufwachen (schade Dr. Hopkins, wer in der Matrix stirbt, stirbt auch in echt). Brutaler Twist: Die Badewanne mit dem Namensschild „Leslie“ ist leer! Kennt ihr diese Szenen, die in jedem Nightmare on Elmstreet Streifen vorkommen, wo jemand aus ’nem Alptraum erwacht, aber eigentlich noch drin ist? So meta-mäßig? Yop, das ist das Ende des Spiels. Hoffentlich kommt keine Fortsetzung.

 

Generelles Gameplay und Handling

Ein Survival Spiel mit extrem eingeschränkter Sicht (hier wortwörtlich zu nehmen angesichts der schwarzen Balken die einem oben und unten am Schirm einen Teil der Sicht nehmen) ist seit Silent Hills Nebel eigentlich immer mal wieder interessant gewesen.

Möglichst geringe HUDs sind ja auch in Mode. Da möchte man auch gar nicht groß dran herum kritisieren. Geschenkt.

Gegner-Überrest-Grütze sammeln und davon Upgrades kaufen? Hunderte Beispiele. God of War, Dark Souls, Altered Beast, Madness Returns… you name it.

Loot-Kisten zertreten wie in Dead Space? Cool und männlich.

Eingeschränkte Ausdauerleisten, die die Sprintzeit limitieren, kennen wir seit Diablo.

Fallen entschärfen und aus den Teilen die eigenen Waffen craften? Das gute alte neue Tomb Raider hat’s vorgemacht, um mal das populärste aktuelle Beispiel zu nennen.

Die Armbrust selbst ist dabei mal wieder aus dem Resi-Universum entwendet: Mit Sprengpfeilen beladen kann man sie in Teil 4 der Reihe gegen seine Widersacher abfeuern.

In Schränken vor Gegnern verstecken? Snake und Raiden aus der MGS-Reihe können ein Lied davon singen.

Dann haben wir da noch das Asylum, das als Hub zwischen den einzelnen Settings des Spiels existiert und durch ein Gateway angesteuert werden kann, wenn man im Level den passenden Raum betritt. Dort kann dann der Charakter aufgewertet werden, bevor es im eigentlichen Spielabschnitt weitergeht. Gibt es so zum Beispiel in Demon’s Souls in Form des Nexus.

Diese Stellen werden übrigens musikalisch ankonditioniert, wie damals Save Rooms in Resident Evil oder die Upgrade Stations in der Bioshock Serie. Überraschenderweise ist die Wahl des Songs immerhin nicht auf „Je ne regrette rien“ – aka der Song aus Inception – gefallen, sondern auf „Clair de Lun“, was zuletzt in Oceans 11 verwurstet wurde.

Wo ich tatsächlich anfangs noch den Gedanken hatte, dass TEW einen einzigartigen Gameplay-Mechanismus geschaffen hat: Türen öffnen. Einmal anklicken für langsames Hereinschleichen, zweimal anklicken für gewaltsames Eintreten. Naja, als ich in etwa bei Kapitel 8 war habe ich Silent Hill Homecoming angespielt und genau diesen Mechanismus dort vorgefunden. Aber hey, knapp!

 

Fazit

Wer noch keine Videospiele aus dem Bereich Horror gespielt hat, der wird mit diesem Meister der Mimikry vielleicht seinen Spaß haben. Da ich aber leider vorher schon fast alle besseren Vertreter dieses Genres durchgespielt hatte, war das einzige Vergnügen für mich nach einem abgeschlossenen Kapitel mit meiner geschätzten Arbeitskollegin und Büromitbewohnerin darüber herzuziehen, wie schamlos sich Altmeister Shinji Mikami hier bei der Konkurrenz und am eigenen Schaffenskatalog bedient hat, nur um ein drittklassiges, inspirationsbefreites Horrospiel zu kreieren, mit dem er seinen eigenen Namen in den Staub der Vergessenheit reibt.

Lahme Story, ausgelutschtes Gameplay, bekannte Schocker und ein Unverständnis von Grusel und Inszenierung, das ich auch im aktuellen Mainstream Kino immer wieder kritisiere.

Ich schließe mein Résumé mit der Eröffnungsfrage: Kann mir nun nach vollendeter Kritik jemand eine Innovation nennen, die ich bei all meinem blinden Hass übersehen habe?