Command & Conquer Review

Wer nach den Meilensteinen des Echtzeitstrategie-Genres fragt, bekommt nicht selten schon kurz nach Dune 2 einen weiteren Westwood-Titel genannt: Command & Conquer, den Erstling des wohl größten RTS-Franchises aller Zeiten.

ccfrontTitel: Command & Conquer – Der Tiberiumkonflikt
System: PC
Genre: Echtzeitstrategie
Erscheinungsjahr: 1995
Entwickler: Westwood Studios
Durchgespielt in 22 Stunden Spielzeit

Story: 6/10
In einem unfernen Zukunftssetting ist Krieg nahezu ein Relikt. Die Weltarmee der Global Defense Initiative, kurz GDI, sorgt in einem Großteil der Welt für Frieden und bekämpft hier und dort kleinere Terrorzellen, die sich dem Regime noch immer widersetzen. Im Prinzip also Friede, Freude, Eierkuchen. Doch auf einmal knallt ein Komet auf die Erde und bringt das Mineral „Tiberium“ in’s Spiel: Eine unglaublich schnellwachsende Pflanze, die aus Bodennährstoffen in Windeseile energiegeladene, grüne Kristalle sprießen lässt. Durch den immensen Brennwert dieser Kristalle ist das allseitige Interesse am Tiberium offenkundig, während das schier unkontrollierbare Wachstum der Pflanze die finanziellen Grundfeste der Weltordnung schnell ins Wanken geraten lässt. So gelingt es der mutmaßlichen Terror-Organisation „Bruderschaft von Nod“ durch geschicktes Ernten der begehrten Kristalle im Handumdrehen eine der einflussreichsten Gesellschaften der Spielwelt zu werden und eine erhebliche militärische Konkurrenz zur GDI zu schaffen, der sich auch die kleineren Splitterorganisationen relativ kompromissbereit anschließen. Der Spieler wird nun vor die Wahl gestellt, welche Fraktion er durch die jeweils individuelle Kampagne begleiten möchte. Der Storymode der GDI umfasst dabei zahlreiche Missionen, die sich vor allem dem Zerschlagen der Bruderschaft von Nod in Osteuropa widmen, während die Nod-Kampagne größtenteils mit der Befreiung Afrikas aufwartet. Während der Kampagnen selbst ist die storyseitige Entwicklung dabei größtenteils politisch: Geplänkel um wertvolle Territorien stehen ebenso an der Tagesordnung, wie Machtkämpfe innerhalb der Fraktionen. Die eigentliche Handlung wird dabei in charmanten Live Action Cutscenes zwischen den Schlachten vermittelt. Im typischen Highlander-Stil kann am Ende natürlich nur eine Partei übrig bleiben, also auf zur Weltherrschaft!

storyGameplay: 9/10
Wir reisen zurück ins Erscheinungsjahr von Command & Conquer: Das Jahr 1995. Dune 2 hat vor gerade einmal drei Jahren das Genre Echtzeitstrategie erfunden, einzig nennenswerter Nachkömmling seitdem war Warcraft: Orcs and Humans im vergangenen Jahr 1994. Das breite Interesse am Echtzeitstrategiespiel ist gerade dabei zu entflammen und Westwood gelingt mit C&C eine triumphale Punktlandung zwischen bewährten Gameplay-Elementen (Basenbau, Ressourcenmanagement, actionreiche Echtzeitkämpfe) und dem lang ersehnten Feinschliff des Rohdiamanten RTS. War es bei Dune und auch Warcraft noch ein mühseliger Krampf die eigenen Einheiten halbwegs vernünftig gruppiert über die Weltkarte zu schicken, so implementiert C&C erstmals das mühelose Gruppieren von „beliebig“ vielen Einheiten per Mauscursor, die zusätzlich auch noch auf Tastaturkürzel gemappt werden können. Irre. Die Produktion ist über ein Interface am rechten Bildschirmrand angenehm präsent, sodass die Zahnräder Ressourcenmanagement und Einheitenproduktion endlich ohne Knirschen ineinandergreifen. Die grundlegende Kampfdynamik bedient sich am bewährten „Schere-Stein-Papier-Deluxe“ Modell der Vorgänger und mixt einige Extrazutaten wie Luftangriffe und passende Bodenstationen hinzu, sodass ein rundes und balanciertes Kampfgeschehen vorprogrammiert ist. Jede Einheit hat ihre Stärken und Schwächen, der Spieler muss Preis, Leistung, Bauzeit und benötigte Technologie-Gebäude gegeneinander abwägen. Wer beispielsweise ausschließlich günstige Soldaten baut, wird enttäuscht dreinblicken wenn die gegnerischen Panzer mühelos alle Einheiten überfahren. Blocken hingegen einige Truppentransporter den direkten Weg zu den Soldaten, können die Panzer mit ihrem reduzierten Schaden gegen Bodentruppen angesichts der ungestört abgefeuerten Raketenwerfer der Infanterie nur die Flucht suchen. Eine vielschichtige Armee ist also unumgänglich, um auf dem Feldzug in die gegnerische Basis nicht von einer bösen Überraschung demontiert zu werden. Das Lategame wird darüber hinaus durch die innovativen Superwaffen spannend gehalten, sodass eine Stalemate Situation meist eher untypisch ist.

gameplayGrafik: 7/10
C&C ist nicht nur ausgesprochen hübsch gestaltet, sondern auch clever aufgestellt hinsichtlich des eigenen Gameplays: Ein vergleichsweise gigantischer aktiver Kartenausschnitt ermöglicht taktische Formationen und frühe Formen von dem, was wir seit StarCraft als „Micromanagement“ bezeichnen. Geschickte Overlays machen Basenbau und fokussierte Attacken angenehm unkompliziert. Abgesteckte Farbpaletten sorgen für instinktive Unterscheidung zwischen Fraktionen, Umwelt und neutralen Gebäuden und Einheiten. Form follows function. So mögen wir PC-Strategen das! Davon abgesehen erzählen liebevoll trashige Full Motion Videos die Geschichte vor einer freigeschalteten Mission episodenweise weiter, während gerenderte Videos die triumphierenden Einheiten nach erfolgreichen Schlachten präsentieren. Abgerundet wird das Ganze von einem herrlichen 90s Soundtrack, den man sich auch heute noch problemlos anhören kann. True Story: Ich habe einige Stücke der Soundtrack CD in meiner Party-Playlist und werde regelmäßig gefragt, was das für eine „geile Band“ sei. Act on Instinct und Just Do It seien dabei namentlich erwähnt.

graphicsFazit:
Command and Conquer schafft es mit seinem schlichtweg stabil und komfortabel funktionierenden Gameplay, dem aufstrebenden RTS Genre Mitte der 90er zu seiner vollen Blüte zu verhelfen und soll mit seinen unzähligen Sequals und Expansions auch weiterhin maßgeblich an der Entwicklung des Spielprinzips beteiligt sein, den Aufstieg und Fall der Echtzeitstrategie am eigenen Leib erfahren und letzten Endes zu spüren bekommen, was es für eine erfolgreiche Serie bedeutet, aufgekauft und ausgeschlachtet zu werden. Doch all das ahnt 1995 natürlich noch niemand. Vor allem nicht der achtjährige Dodo, der das Spiel in Verbindung mit seinem ersten PC unter dem Weihnachtsbaum findet und sich darüber fast zu Tode freut. Dass es sich dabei natürlich um die deutsche Zensur-Version mit Cyborgs statt Soldaten handelt stört da wenig. Im Gegenteil: Die Roboter-Kämpfer passen hervorragend in das Zukunftssetting, sodass mir jahrelang gar nicht in den Sinn kam, dass ich eine zensierte Version besitzen könnte. Speziell das Geräusch beim Überfahren der Cyborgs ist mir bis heute im Kopf geblieben, sodass ich das Spiel immernoch in seiner deutschen Version spielen wollen würde. Definitiv ist Westwood mit C&C seinerzeit ein genialer Schritt in die richtige Richtung gelungen, der mich in Verbindung mit dem kurze Zeit später erschienenen Warcraft 2 zum lebenslangen Strategiespiel-Fan gemacht hat. Good Times.

TL;DNR: Mitbegründer der Golden Age of RTS!